Impfverpflichtungen in Schulen sind nicht neu

Impfverpflichtungen in Schulen sind nicht neu

Wichtige Punkte auf einen Blick

  • Die erste Impfpflicht wurde in Bayern bereits 1807 gegen Pocken eingeführt.
  • Bereits vor Corona mussten Kinder eine Impfung gegen Masern vorlegen.
  • Eine Impfverpflichtung für Schüler gegen Corona ist aktuell nicht in Sicht.

Eine mögliche Impfverpflichtung gegen Corona in Schulen hat bei Eltern zuletzt für Aufruhr gesorgt. Neu wäre eine solche Impfpflicht für Kinder jedoch nicht, denn Mandate für Impfungen bei Kindern gab es bereits vor 200 Jahren. Welche Impfungen in Deutschland aktuell Pflicht sind und wie die Chancen für ein Impfmandat von Kindern gegen Corona stehen, stellt dieser Artikel vor.

Aufruhr gegen Corona-Impfung in Schulen

Streit über die Wirksamkeit der Corona-Impfung herrscht nicht nur unter Erwachsenen, sondern auch bei der Impfung von Kindern und Jugendlichen. Gerade eine Impfpflicht in deutschen Schulen für den Corona-Virus wurde von vielen Eltern abgelehnt. Aktuell liegt die Impfquote für einmal Geimpfte bei der Altersgruppe 5-11 Jahre laut Robert-Koch-Institut (RKI) lediglich bei knapp 22 Prozent. Deutlich höher ist der Wert in der Altersgruppe 12-17 Jahre mit etwa 75 Prozent.

Gründe für die Ablehnung der Impfpflicht von Schülern gegen Corona sind die geringeren gesundheitlichen Folgen für junge Altersgruppen sowie bei vielen Eltern eine Angst vor Spätfolgen. Bei Impfungen ist allerdings der Unterschied zwischen Spät- und Langzeitfolgen zu beachten. Unter Langzeitfolgen versteht man Nebenwirkungen, die direkt nach der Impfung auftreten und lange anhalten. Langzeitfolgen werden häufig mit Spätfolgen verwechselt, die erst nach Wochen, Monaten oder Jahren zum ersten Mal auftreten.

Bei dem oft erwähnten Beispiel von Narkolepsie als Nebenwirkung bei Impfungen gegen die Schweinegrippe im Jahr 2009 handelt es sich um eine Langzeitfolge und nicht um eine Spätfolge. Die Nebenwirkung trat unmittelbar nach der Impfung auf, wurde aufgrund der niedrigen Fallzahlen allerdings erst später mit der Impfung in Verbindung gebracht. Spätfolgen sind bei Impfungen laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nicht bekannt: „Besorgte Bürgerinnen und Bürger verstehen unter Langzeitfolgen – häufig auch Spätfolgen genannt – Nebenwirkungen, die erst mit einer Verzögerung von vielen Monaten oder Jahren nach der Impfung auftreten. Diese Sorgen sind unberechtigt. Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Nebenwirkungen von Impfstoffen nicht.“

Mehr als 10 Milliarden Dosen wurden bereits weltweit als Impfung gegen Corona verteilt. Dadurch gehören die Covid-19-Impfungen zu den am besten getesteten Impfstoffen der Geschichte. Häufig auftretende Nebenwirkungen würden sich durch die hohe Zahl von Impfdosen schnell zeigen.

Impfverpflichtung für Corona-Virus nur in wenigen Ländern

Eine Impfverpflichtung für Schüler gegen Covid-19 ist aktuell nicht absehbar und durch die geringere Sterblichkeit der Omikron-Variante sowie den geringeren gesundheitlichen Folgen für junge Altersgruppen in Deutschland kein Thema mehr. Auch in anderen Ländern ist eine Impfung gegen Covid-19 selten verpflichtend. Unter anderem in Ecuador ist die Impfung für Menschen ab 5 Jahren vorgeschrieben, während die Pflicht in Turkmenistan erst ab 18 Jahren gilt. Auch in Indonesien wurde bereits Anfang 2021 eine allgemeine Impfpflicht erlassen.

Geplante oder bereits verabschiedete Impfverpflichtungen für einzelne Bereich wie bei Mitarbeitern im Gesundheitsbereich oder Bürgern in höherem Alter wurden zuletzt vielfach zurückgenommen. Gründe dafür sind die geringere Letalität und Krankenhausauslastung der Omikron-Variante. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen Covid-19 für die Tätigkeit in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen ist in Deutschland noch in Kraft. Das Vorschreiben einer Impfung und der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch den Staat lässt sich allerdings immer weniger rechtfertigen. Die Situation seit Anfang 2020 hat sich inzwischen deutlich verändert.

Impfverpflichtungen gab es bereits vor Corona

Die Impfpflicht in Deutschland wurde bereits 1807 mit der Pockenimpfung eingeführt, die in Bayern verpflichtend wurde. Mit einer Sterberate von 20 Prozent unter Kindern wurde der hochansteckende Virus für so gefährlich eingestuft, dass eine Impfverpflichtung angeordnet wurde. Zuerst folgten Geldstrafen für Eltern, bevor ungeimpften Kindern sogar der Besuch der Schule verweigert wird. Andere Bundesländer folgten dem Beispiel von Bayern.

Die Anordnungen der einzelnen Bundesländer reichten allerdings nicht aus, sodass 1874 aufgrund von großen Ansteckungswellen mit den Pocken das Reichsimpfgesetz durch Reichskanzler Otto von Bismarck erlassen wurde. Die allgemeine Impflicht gegen den Virus war so weitreichend, dass sogar Impfungen unter Aufsicht der Polizei erfolgten. Im dritten Reich blieb die Impfverpflichtung gegen Pocken weiter bestehen. Trotz der Impfpflicht lag die Quote der geimpften Bürger vielfach nur im Bereich von knapp 70 Prozent. 1976 wurde die Impfpflicht gegen Pocken in der BRD abgeschafft, da der letzte bekannte Fall in der Bundesrepublik 1972 auftrat.

Anfang der 2000er-Jahre riefen jedoch mehrere Sterbefälle mit Masern bei Kindern Erinnerungen an die Pocken-Infektionen hervor. In Deutschland traten von 2007 bis 2015 laut RKI 42 Todesfälle mit dem Masernvirus auf, weltweit gab es hingegen allein im Jahr 2014 fast 115.000 Tote durch die Krankheit. Die zweifache Masernimpfung mit einer Effektivität von 95 bis 100 Prozent rettete Millionen von Menschen auf der Welt das Leben.

Die Bundesregierung sah sich zum Handeln gezwungen, um die Ausbreitung von Masern in Deutschland zu verhindern. Am 1. März 2020 trat das Masernschutzgesetz in Kraft und legt fest, dass bei Kindern vor einem Besuch von Kindergarten, Tagesstätten oder Schulen eine Impfung gegen Masern gemäß den Richtlinien der Ständigen Impfkommission (STIKO) erfolgen muss. Außerdem erstreckt sich die Impfverpflichtung auf Beschäftigte in Gemeinschafts- und medizinischen Einrichtungen, die nach 1970 geboren sind. Die Impfpflicht bezieht sich also nur auf einen Teil der deutschen Bevölkerung.

Die Impfung gegen Masern ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme, denn ansonsten fehlt es an Impfverpflichtungen in Deutschland. Gegen andere infektiöse und gefährliche Krankheiten gibt die STIKO lediglich Impfempfehlungen ab. Dadurch zeigt sich Deutschland sehr flexibel und verlässt sich auf die freiwillige Annahme der Impfungen. Ungeimpfte Personen profitieren von der Herdenimmunität, denn gegen Krankheiten wie Tetanus oder Polio sind nach Angaben des RKI knapp 80 Prozent der in 2019 geborenen Kinder geimpft.

Bayern war 1807 das erste Bundesland der Welt, das überhaupt eine Impfpflicht beschlossen hat und nimmt eine Rolle als Vorreiter im Kampf gegen gefährliche Infektionskrankheiten ein.

Impflicht in den USA ausgeprägter

Während sich in Deutschland die Impfpflicht auf Masern beschränkt und auch die Impfpflicht für diese Krankheit erst seit 2020 besteht, sind die USA deutlich strenger. So waren in vielen amerikanischen Schulen bereits lange vor dem Corona-Virus Impfungen gegen Masern, Kinderlähmung oder Mumps Voraussetzung für eine Aufnahme der Schüler. Der Bundesstaat New York erfordert unter anderem Impfungen gegen Diphtherie, Hepatitis B oder Windpocken vor dem Besuch von Tagesstätte, Kindergarten oder Schule. Eine Corona-Impflicht konnte sich auch in den Vereinigten Staaten jedoch selten durchsetzen und wurde lediglich vereinzelt, wie im Bundesstaat Kalifornien, verabschiedet.

Wie gut funktionieren die Impfpflichten?

Die Wirksamkeit einer Impfverpflichtung hängt unter anderem von der Effektivität des Impfstoffs sowie der Akzeptanz der Impfung ab. An der Entwicklung der jüngsten Fallzahlen von Masern lassen sich die Auswirkungen des Masernschutzgesetzes jedoch sehr gut ablesen. In den Jahren seit 2012 sind niedrige vierstellige oder mittlere dreistellige Fallzahlen in Deutschland aufgetreten.

Bereits im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes am 1. März sanken die Zahlen für 2020 auf 76 gemeldete Fälle. Noch drastischer fiel der Rückgang für 2021 mit nur 10 Fällen aus. Interessant ist auch ein Vergleich der einzelnen Bundesländer, bei denen ein starker Rückgang zu verzeichnen ist. Lediglich zwei Masernfälle verzerren die Statistik für das Saarland, da bei der kleinen Bevölkerung des Bundeslandes ein Auftreten der Krankheit bereits die Inzidenz stark erhöht. Die Impfverpflichtung von Masern kann dadurch als großer Erfolg bezeichnet werden.

Zusammenfassung

Impfverpflichtungen in Schulen sind nicht neu, denn bereits 1807 führte Bayern als weltweit erstes Land das Mandat zur Impfung gegen Pocken ein. Aktuell ist in Deutschland lediglich die Impfung gegen Masern für Kinder vor dem Schulbesuch verpflichtend. Eine Impfpflicht gegen Corona ist für Kinder aktuell kein Thema.


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