Schwächere Impfstoffe können gefährlichere Versionen von Viren hervorbringen

Schwächere Impfstoffe können gefährlichere Versionen von Viren hervorbringen

Wichtige Punkte auf einen Blick

  • Perfekte Impfstoffe bieten einen nahezu 100-prozentigen Schutz vor Infektion und Übertragung eines Virus.
  • „Schwache“ Impfstoffe hingegen ermöglichen es den Viren, länger zu überleben und ihre Population zu vergrößern.
  • Für Ungeimpfte können die aggressiveren Virusvarianten gefährlich sein.

Durch die Untersuchung von Hühnern in einer Studie kommen Forscher zu dem Schluss, dass schwächere Impfstoffe virulentere Varianten von Viren hervorbringen können. Immer wieder wird darüber debattiert, ob es sinnvoll ist, Kleinkinder impfen zu lassen – und zwar nicht nur beim Thema Covid-19. Aktuell wird aber deutlich: Die Risiken einer Impfung von Kleinkindern dürften weitaus geringer sein als die Verwendung schwacher Impfstoffe zur Vorbeugung von Krankheiten. Was genau das bedeutet und womit das zusammenhängt, klären wir in diesem Artikel.

Was sind „schwache“ Impfstoffe?

Eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift PLOS Biology veröffentlicht wurde, kommt zu interessanten Erkenntnisse. Demzufolge können manche Arten von Impfstoffen den Varianten eines Virus das Überleben ermöglichen, die virulenter sind – also aktiver, ansteckender und gefährlicher. Wer sich dann gegen eine Impfung entscheidet, ist einem höheren Risiko für eine schwere Erkrankung ausgesetzt. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, müssen wir zunächst genauer auf den Unterschied zwischen „perfekten“ und „schwachen“ Impfstoffen eingehen.

„Perfekte“ Impfstoffe

Die „perfekten“ Impfstoffe ahmen eine optimale Immunität nach, die von Menschen auch auf natürliche Weise entwickelt wird, wenn sie an einer Kinderkrankheit erkrankt sind. Ein perfekter Impfstoff gegen Pocken, Polio, Masern, Röteln und Mumps sorgt also für zwei Dinge gleichzeitig:

  1. Er verhindert, dass die geimpfte Person erkrankt.
  2. Er schließt aus, dass die geimpfte Person das Virus auf andere überträgt.

„Schwache“ Impfstoffe

Demgegenüber stehen die „schwächeren“ Impfstoffe, die keine 100-prozentige Immunität bieten können. Ein gutes Beispiel dafür ist der Covid-19-Impfstoff. Er reduziert das Risiko für eine Ansteckung sowie die Wahrscheinlichkeit für eine schwere Erkrankung. Allerdings bietet er keinen vollständigen Schutz davor, sich trotz Impfung mit Covid-19 anzustecken.

Was wir aus Impfungen an Hühnern lernen können

Andrew Read, der Autor der oben genannten Studie und Professor für Biologie, Entomologie und Biotechnologie an der Penn State University, studierte Impfstoffe gegen Malaria, während er sich mit der Marek-Krankheit beschäftigte. Diese hochansteckende Erkrankung befällt Hühner. Es handelt sich hierbei um ein Herpes-Virus, das in Hühnerhaaren enthalten ist und virulenter ist als das Ebola-Virus.

Nachdem einige Experimente am Pirbright Institute im Vereinigten Königreich durchgeführt wurden, kamen die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass die für die Eindämmung der Marek-Krankheit entwickelten Impfstoffe zu schwach waren. Sie dämmten das Virus nicht nur unzureichend ein, sondern ermöglichten ihm auch, sich weiterzuentwickeln.

Gerade dadurch, dass die Geimpften durch die Impfung überlebten, konnte auch das Virus weiterleben – und sich entwickeln, sodass es virulenter wurde.

Weniger gut wirksame Impfstoffe schaffen demzufolge eine unzureichende Barriere gegen das Virus. Die Geimpften können dennoch erkranken, wenngleich sie weniger schwere Symptome haben. Für das Virus ist das ein Vorteil: Es überlebt lange genug, um sich in einer Population auszubreiten und zu mutieren. Venugopal Nair, Forschungsleiter des Programms für Vogelkrankheiten am Pirbright Institute, schlussfolgerte aus den Erkenntnissen der Studie, dass die Verwendung schwächerer Impfstoffe die Entwicklung bösartigerer Virusstämme fördern könne. Damit wären dann vor allem die ungeimpften Personen einem höheren Risiko ausgesetzt.

Das zeigt auch die Marek-Krankheit: Sie war früher eine wenig ernstzunehmende Erkrankung, welche Hühner noch in den 1950er-Jahren kaum Schaden zufügte. Doch das Virus wurde im Laufe der Jahre immer stärker. Heute tötet es nicht selten die ungeimpften Vögel in Geflügelställen – teilweise in einem sehr kurzen Zeitraum von nur zehn Tagen. Dennoch ist die Marek-Erkrankung heute ein kleines Problem, weil fast jedes Huhn in landwirtschaftlicher Produktion weltweit geimpft ist.

Auch das Vogelgrippevirus profitiert von „schwachen“ Impfstoffen

Natürlich ist die Marek-Krankheit nicht das einzige Problem. Es gibt noch viele weitere Viren, die noch gefährlicher und tödlicher sein können. Ein Beispiel dafür ist das Virus, welches die Vogelgrippe verursacht. Innerhalb von drei Tagen kann der aggressivste Stamm der Vogelgrippe, der aktuell im Umlauf ist und Geflügelbestände auf der ganzen Welt gefährdet, ungeimpfte Vögel töten. Das liegt daran, dass der Impfstoff zu schwach ist und keinen 100-prozentigen Schutz bietet. In Europa und den USA werden die Vögel, bei denen Vogelgrippe festgestellt wird, geschlachtet, damit sich das Virus nicht weiterentwickeln kann. Das Töten der Tiere ist zwar teurer als die Nutzung des zur Verfügung stehenden Impfstoffs, aber es ist die immunologisch sicherere Variante.

In Südostasien hingegen werden die infizierten Vögel nicht getötet, um die Krankheit unter Kontrolle zu bringen. Stattdessen werden die „schwachen“ Impfstoffe verwendet. Das kann aber dazu führen, dass das Vogelgrippevirus sich weiterentwickelt und eine noch größere Virulenz aufweist.

Mittlerweile wurden aus China schon einige menschliche Todesfälle durch das Vogelgrippevirus gemeldet.

Was bedeutet das für Impfstoffe in Zukunft?

Es beginnt nun eine neue Ära: Die Entwicklung von Impfstoffen der nächsten Generation ist in vollem Gange. Auch in Zukunft werden weiterhin Impfstoffe entwickelt, die keinen 100-prozentigen Immunschutz bieten können. Das liegt einfach daran, dass die Krankheiten selbst auch keine starke natürliche Immunität erzeugen – etwa HIV, Malaria oder auch Covid-19.

Dennoch ist es wichtig, dass Impfstoffe der nächsten Generationen strengen Tests und Überwachungen unterliegen. Diese Erkenntnisse sollen auch bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Ebola einfließen. Außerdem sollten laut Read weitere Techniken zum Einsatz kommen, wenn schwächere Impfstoffe verwendet werden. So lässt sich Malaria beispielsweise durch Moskitonetze vorbeugen, die mit Insektiziden behandelt werden.

Zusammenfassung

Werden zur Eindämmung von Krankheiten „schwache“ Impfstoffe verwendet, die keinen 100-prozentigen Schutz vor Ansteckung bieten, können Viren besser mutieren und virulenter werden. Das ist dann vor allem für die Personen ohne Impfschutz eine Gefahr.


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