Stockholm-Syndrom: Ursachen und Merkmale
Wichtige Punkte auf einen Blick
- Beim Stockholm-Syndrom entwickelt das Opfer positive Gefühle gegenüber dem Täter.
- Mittels Psychotherapie ist das Stockholm-Syndrom therapierbar. Wie lange die Heilung dauert, kann jedoch nicht genau gesagt werden.
- Die Ursachen für das Stockholm-Syndrom sind Wahrnehmungsverzerrung, Selbstschutzmechanismus und Vertrauen in den Täter.
Das Stockholm-Syndrom ist ein einzigartiges Phänomen. Nicht ohne Grund wird dieses Thema in sämtlichen Serien oder Filmen aufgegriffen. Doch nicht nur in Filmen ist das Stockholm-Syndrom präsent. Auch in der Realität wird dieses Syndrom immer wieder beobachtet. Obwohl die Täter nicht vor Gewalt zurückschrecken und die Opfer ihnen vollständig ausgeliefert sind, entwickeln die Opfer in einigen Situationen Zuneigung zu den Tätern.
Doch welche Gründe stecken hinter dem Stockholm-Syndrom? Wie erkennt man es? Besteht die Möglichkeit, die Betroffenen diesbezüglich zu therapieren? Wir erklären, warum immer wieder Opfer von dem Stockholm-Syndrom betroffen sind.
Was genau ist das Stockholm-Syndrom?
Beim Stockholm-Syndrom baut das Opfer einer Entführung oder einer Geiselnahme ein positives Verhältnis zum Täter auf. Dieses Phänomen ist ein psychologisches Abhängigkeitsverhalten, bei dem das Opfer sogar Sympathie für den Täter empfindet. Obwohl dieses Phänomen häufig bei Entführungen oder Geiselnahmen erkannt wird, kommt es auch immer wieder bei sexuellem Missbrauch, Kindesmissbrauch oder Mitgliedern von Sekten vor. Das Stockholm-Syndrom wurde noch nicht im Leitfaden psychischer Störungen aufgeführt und kann deshalb nicht als eigenständige Erkrankung betrachtet werden. Vielmehr reihen sich bei diesem Syndrom zahlreiche emotionale Aktivierungen aneinander, die vor allem bei Betroffenen eines traumatischen Erlebnisses vorkommen können.
Informationen zum Ursprung des Stockholm-Syndroms
Bei einer Geiselnahme in Schweden kam das Stockholm-Syndrom im Jahr 1973 zum ersten Mal vor. Bei dem Überfall in einer Bank verbarrikadierten sich die Täter mit einigen Angestellten in einem Tresorraum. Insgesamt dauerte die Geiselnahme 131 Stunden. Alle Medien haben über diese Geiselnahme berichtet. In den Medien wurde dabei erstmals über die Gefühle der Opfer gesprochen.
Mit der Zeit entwickelten die Geiseln Sympathie gegenüber den Tätern. Diese Sympathie war so stark, dass die Geiseln Angst vor der Polizei bekamen. Doch auch nach dem Überfall könnten die Geiseln keine schlechten Worte über die Täter verlieren. Die Täter wurden sogar von den Geiseln im Gefängnis besucht. Eine der Geiseln verliebte sich in einen der Täter. Seit diesem Überfall wird dieses Phänomen als Stockholm-Syndrom bezeichnet.
Der Begriff Stockholm-Syndrom entwickelte sich im Jahr 1973 bei einem Banküberfall in Stockholm. Dieser Überfall erlangte in den Medien sehr viel Aufmerksamkeit.
Wie macht sich das Stockholm-Syndrom bemerkbar?
Die Beziehung zwischen dem Opfer und dem Täter kann man als Notgemeinschaft bezeichnen. Mit Logik lassen sich diese Gefühle nicht erklären. Vielmehr bezeichnen Psychologen das Stockholm-Syndrom als sogenannten Selbstschutz. Folgende Merkmale kann man beim Stockholm-Syndrom erkennen:
- Die Opfer identifizieren sich mit den Tätern
- Es werden positive Gefühle gegenüber den Tätern entwickelt
- Die Opfer haben Verständnis für die Tat
- Schuldgefühle kommen auf, weil die Täter im Gefängnis sind
- Die Opfer unterstützen die Täter bei ihrem Ziel
- Die Opfer entwickeln Misstrauen gegenüber der Polizei oder den Rettungskräften
Die Entstehung des Stockholm-Syndroms
Obwohl das Stockholm-Syndrom nur wenig erforscht wurde, kann man ein Muster erkennen, wie das Syndrom entsteht. Doch wie lässt sich die Tatsache erklären, dass ein Opfer positive Gefühle für jemanden entwickelt, der ihm eigentlich etwas Schlimmes angetan hat? Psychologen sind sich sicher, dass bestimmte Faktoren eine Rolle bei diesem Phänomen spielen. In erster Linie wird von den Opfern ein unbewusster Schutzmechanismus erzeugt. Schließlich haben die Opfer nicht selten Todesangst und befinden sich in einer absoluten Ausnahmesituation.
Dementsprechend freunden sich die Opfer mit den Tätern an, denn dies scheint ihnen am vorteilhaftesten. Dieser unbewusste Schutzmechanismus soll bei den Tätern Mitleid erzeugen und gegebenenfalls auch Bestrafungen verhindern. Ein weiterer Grund, wieso das Stockholm-Syndrom auftritt, ist die Regression. Nicht selten verlieren die Opfer bereits nach kurzer die Hoffnung auf eine Rettung, sodass eine gewisse Abhängigkeit entsteht. Schließlich sind die Opfer auf ihre Geiselnehmer angewiesen.
So sind kleine Zugeständnisse eine große Sache für die Opfer. Verbringen die Opfer sehr viel Zeit mit den Tätern, wird eine positive Beziehung aufgebaut. Die Gruppenzugehörigkeit wird gestärkt, denn das Opfer muss nicht selten für den Täter wichtige Aufgaben übernehmen. Zu den Aufgaben gehört zum Beispiel die Kontaktaufnahme zu den Polizisten. Da die Opfer über einen längeren Zeitraum Kontakt mit den Tätern haben, erhalten sie wichtige Einblicke in die Motive der Tat.
Nicht selten wird so die Wahrnehmungsverzerrung verstärkt. Fühlt man sich als Opfer von der Außenwelt alleingelassen, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Verbindung zum Täter aufgebaut wird.
So erfolgt die Therapie des Stockholm-Syndroms
Ist die Geiselnahme beendet, finden die Opfer nur schwer wieder in den Alltag zurück. In einigen Fällen hegen die Opfer sogar noch nach Jahren positive Gefühle für die Täter. Vor Gericht nehmen die Opfer die Täter in Schutz und versuchen die Taten zu rechtfertigen. Wurde den Opfern Gewalt zugefügt, leiden sie nicht selten unter Schlafstörungen, Albträumen, Phobien oder Depressionen. Damit die Opfer keine Einschränkungen mehr haben und über die Geschehnisse hinwegsehen können, ist oft eine Psychotherapie notwendig.
Bei der Psychotherapie lernen die Opfer zu verstehen, warum sie positive Gefühle zu den Tätern entwickelt haben. Außerdem wird ihnen klar gemacht, dass dies kein Grund ist, sich zu schämen.
Wie viel Zeit ein Opfer benötigt, um zu heilen, kann nicht genau gesagt werden. Nicht selten benötigen die Opfer Tage oder sogar Jahre, bis sie sich vom Täter lösen können.
Zusammenfassung
Das Stockholm-Syndrom tritt immer wieder auf, wenn Betroffene entführt, gekidnappt oder als Geisel gehalten werden. Aus Selbstschutz oder durch eine Wahrnehmungsverzerrung entwickeln die Opfer nicht selten eine positive Verbindung zu ihren Peinigern. Mittlerweile gibt es viele bekannte Beispiele von Überfällen, in denen das Stockholm-Syndrom präsent ist.
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